«Ich möchte Türen öffnen und Vertrauen schenken»
28. August 2025
Maria Weibel leitet das Team der Breast & Cancer Care Nurses im KSA und bildet damit die Schnittstellezwischen Patientinnen, Medizinern und onkologischen Spezialistinnen. Vor 13 Jahren hat sie mitgeholfen, diese Spezialeinheit aufzubauen und begleitet bis heute Patientinnen mit Brustkrebs oder Unterleibstumoren durch alle Phasen ihrer Erkrankung. Ein persönliches Gespräch über die Faszination und die emotionalen Herausforderungen ihres Jobs.
- Lesedauer ca. 4 Minuten
- Themen Krebs / Onkologie
Was macht eine Breast and Cancer Care Nurse?
Eine Breast & Cancer Care Nurse (BCCN) ist eine diplomierte Pflegefachfrau in gynäkologisch-onkologischer Medizin. Sie verfügt über eine zusätzliche Spezialisierung, um Patientinnen mit gynäkologischen Tumorerkrankungen und deren Angehörige personalisiert zu betreuen. BCCN führen als Lotsinnen ihre Krebspatientinnen durch die verschiedenen Behandlungsphasen – von der Diagnose über die Therapie bis zur Nachsorge. Wir sind das konstante Bindeglied zwischen den verschiedenen Disziplinen und Organisationseinheiten. Wir schauen aus der Adlerperspektive: Was braucht unsere Patientin oder was brauchen ihre Angehörigen? Was können wir verbessern? Zum Beispiel ist bei der ersten Chemotherapie in der Regel jemand von uns dabei. Wir möchten, dass unsere Patientinnen spüren, dass sie nicht allein sind in dieser schwierigen Zeit und sich sicher und unterstützt fühlen können.
Eine Krebsdiagnose kann zu Unsicherheiten führen. Zu wissen, dass ihr immer da seid, spendet sicherlich Kraft.
Es ist uns wichtig, dass die Patientinnen und ihre Angehörigen uns unkompliziert erreichen können. Damit können Stress und Komplikationen deutlich vermindert werden. Als versierte Fachkräfte können wir uns schnell in jeden Fall einlesen und die ganzheitliche Begleitung übernehmen. Wir kennen unsere Patientinnen und ihre Krankengeschichten so gut, dass wir schnell und gezielt unterstützen können.
Wie viele Patientinnen betreut ihr hier?
Im Jahr sind es rund 180 neudiagnostizierte Brustkrebspatientinnen und 70 Patientinnen mit gynäkologischen Tumorerkrankungen. Dazu kommen die rezidiven Fälle, also die, deren Krebs zurückgekehrt ist. Das gibt es leider auch. Melden sich auch Angehörige bei euch? Die Familie und die Angehörigen sind die wichtigste Ressource für die Patientin. Auch auf sie muss man gut achtgeben. Nicht selten melden sich Angehörige bei uns, weil sie sich unsicher fühlen oder sich Sorgen machen. Je nach Bedürfnis leiten wir Schritte ein, zum Beispiel eine psychoonkologische Unterstützung oder den Kontakt zum Sozialdienst des KSA und der Krebsliga. Wir beraten Angehörige sehr individuell und prüfen kritisch, was in ihrer Situation helfen könnte und wie wir sie auf zukünftige Schritte vorbereiten können.
Braucht diese Aufgabe eine besondere Ausbildung?
Die ZHAW und das Careum bieten unterschiedliche Lehrgänge in den Bereichen «onkologische Pflege» und «Breast- care» an. Ein solcher Abschluss ist aber keine zwingende Voraussetzung, um hier im KSA im Team zu arbeiten. Wenn jemand viel Erfahrung, Interesse und Empathie mitbringt sowie den Willen, zukünftig eine Ausbildung in diesem Bereich zu absolvieren, dann stimmen die Voraussetzungen für uns.
Welche Ausbildung hast du gemacht?
Ich habe ein DAS in «Beratung in onkologischer Pflege» absolviert und bin hier seit dem Anfang dabei. Ich leistete viel Aufbauarbeit und habe gesamtschweizerisch diverse Breast-care-Projekte initiiert und unterstützt. So kann ich mit meinem Team unseren Patientinnen neue Türen öffnen und Vertrauen schenken, als Orientierungshilfe und Vermittlerin. Das ist eine meiner grössten Motivationen.
Wie lange gibt es dieses Angebot im KSA?
Im KSA haben wir unsere Ursprünge im Jahr 2009. Damals wurde das Brustzentrum von der europäischen Krebsgesellschaft zertifiziert, und dafür brauchte es zwei spezialisierte Breast Care Nurses, als Teil des Kernteams und der interdisziplinären Tumorboards. Heute betreuen wir alle Brustkrebs- und Unterleibskrebspatientinnen im KSA.
Seid ihr bei den Tumorboards dabei?
Ja. Mittlerweile sind wir sogar die Organisatoren der Tumorboards für unsere Patientinnen. Am Tumorboard sind Spezialistinnen und Spezialisten der Gynäkologie, Pathologie, Onkologie, Radiologie und wir dabei. Bei Bedarf können wir weitere Spezialisten hinzuziehen, damit für jede Patientin gemeinsam die optimale Behandlung festgelegt werden kann.
Die gemeinsame Zeit mit den Patientinnen ist im Spital häufig knapp bemessen. Ist das bei euch auch so?
Nein, und genau das ist unsere Botschaft. Ich sage meinen anvertrauten Patientinnen immer wieder: «Wir haben Zeit für Sie, und wir nehmen uns gerne Zeit für Sie.» Wenn wir bei den Patientinnen oder den Angehörigen sind, sind wir emotional präsent und fachlich fokussiert.
Was ist die grösste Herausforderung in eurem Job?
Wir sind häufig auch mit schlechten Nachrichten konfrontiert, mit Patientinnen die Angst, Hilflosigkeit oder Wut verspüren. So wie unsere Krebspatientinnen sind auch wir manchmal seelisch herausgefordert. Achtsamkeit und eine gute Psychohygiene sind deshalb wichtig. Dazu tauschen wir uns im Team und mit den Ärztinnen und Ärzten aus und können so belastende Situationen gemeinsam besprechen. Vermutlich liegt es in der Natur vieler Breast & Cancer Care Nurses, über die innere Stärke zu verfügen, um emotional schwierige Situationen zu meistern.
Was war dein schönstes berufliches Erlebnis?
Kürzlich hat eine Brustkrebspatientin ihre neunjährige Tochter zur Chemotherapie mitgebracht. Ich hatte neben Maria Weibel leitet das Team der Breast & Cancer Care Nurses im KSA und bildet damit die Schnittstelle zwischen Patientinnen, Medizinern und onkologischen Spezialistinnen. Vor 13 Jahren hat sie mitgeholfen, diese Spezialeinheit aufzubauen und begleitet bis heute Patientinnen mit Brustkrebs oder Unterleibstumoren durch alle Phasen ihrer Erkrankung. Ein persönliches Gespräch über die Faszination und die emotionalen Herausforderungen ihres Jobs. der Behandlung Zeit, mich auch der Tochter anzunehmen und habe sie in meine Aufgaben eingebunden, sozusagen als persönliche Assistentin. Im Nachhinein hat mir ihre Mutter erzählt, dass dies für ihre Tochter ein grosses Glück gewesen sei. Denn nun wisse sie, dass ihre Mutter bei uns gut aufgehoben sei und könne sich in der Schule wieder besser konzentrieren. Diesen individuellen Zugang zu den unterschiedlichen Patientinnen und ihrem persönlichen Umfeld schätze ich sehr.
Wie sieht ein perfekter Tag für dich aus?
Ein guter Tag ist ein Tag, an dem ich meine Patientinnen gut begleiten konnte und wir uns als Team gegenseitig unterstützten, um etwas zu bewirken oder zu optimieren. Perfekt ist der Tag auch, wenn ich mir kurz Zeit für mich nehmen und mal über etwas ganz anderes reden kann. Wichtig ist mir aber vor allem anderen, dass mein Team zufrieden ist. Dann geht es mir auch gut.