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«Die medizinische Studie war für mich eine grosse Chance»

19. August 2022

Jedes Jahr nehmen im Kantonsspital Aarau zahlreiche Krebspatientinnen und -patienten an medizinischen Studien teil. Sie bekommen so die Chance auf vielversprechende neue Behandlungsmethoden.

  • Autor / Autorin Dr. med. Nathan Cantoni
  • Lesedauer ca. 4 Minuten
  • Themen Forschung und Innovation Krebs
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Es ist zwölf Jahre her, seit Catherine P. die Diagnose chronische lymphatische Leukämie erhalten hatte. Nach einer erfolgreichen klassischen Chemotherapie hoffte die Patientin, dass sich das Thema erledigt hatte. Vor zwei Jahren spürte sie dann allerdings plötzlich wieder geschwollene Knötchen in den Unterarmen, im Hals und in ihrer Leiste. «Als ich diese Schwellungen bemerkte, war mir klar, dass der Krebs zurück war», erinnert sich Catherine P.

Die Patientin stand vor der Entscheidung, erneut eine intravenöse Chemotherapie zu beginnen oder an einer medizinischen Studie teilzunehmen, bei der sie während knapp drei Jahren täglich Tabletten einnehmen muss. «Obschon ich die letzte intravenöse Chemotherapie relativ gut überstanden hatte, wollte ich sehen, ob auch eine neue Therapiemethode zum Erfolg führt», erklärt Catherine P.

Im Onkologiezentrum Mittelland des Kantonsspitals Aarau haben Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, an Krebsstudien teilzunehmen. Sie erhalten so Zugang zu neuen und vielversprechenden Therapieoptionen, insbesondere neuen Medikamente oder Medikamentenkombinationen, die derzeit erforscht werden und zum Teil kurz vor dem Durchbruch stehen. Bei jeder Studie wird definiert, welche Patientengruppe getestet werden soll. Entsprechend muss eine ganze Reihe an Einschlusskriterien erfüllt werden. Anschliessend beraten sich die unterschiedlichen interdisziplinären Tumorboards des Kantonsspitals Aarau darüber, ob eine solche Behandlung im vorliegenden Fall sinnvoll wäre. «Erst wenn wir uns alle einig sind, dass eine Patientin oder ein Patient von einer Studienteilnahme profitieren könnte, schlagen wir sie als Behandlungsoption neben bereits zugelassenen Therapiemethoden vor», erklärt Dr. med. Nathan Cantoni, Leitender Arzt und Koordinator des Lymphom- und Leukämiezentrums im Kantonsspital Aarau.

Medizinische Studien sind sicher

«Bin ich ein Versuchskaninchen?» ist eine der häufigsten Fragen, die Nathan Cantoni gestellt bekommt, wenn er Patientinnen und Patienten eine Studienteilnahme als Behandlungsoption vorschlägt. «Das ist absolut nicht der Fall. Im Gegenteil: Bei der Erforschung einer neuen Therapie wird der Behandlungsprozess noch viel strenger kontrolliert und begleitet, als das bei einer zugelassenen Methode ohnehin schon der Fall ist. Selbstverständlich sind aber auch Nebenwirkungen und Komplikationen in einer Studie möglich», erklärt er.

Ebenfalls wichtig zu wissen: Das Kantonsspital Aarau nimmt nicht an hochexperimentellen Studien in der Frühentwicklungsphase teil. Das bedeutet, dass sämtliche Medikamente, die im Kantonsspital Aarau im Rahmen einer Studie verabreicht werden, bereits im Labor und an Menschen getestet wurden. Vielfach sind die untersuchten Behandlungsmethoden kurz vor der Zulassung oder sogar schon zugelassen, werden aber in einer neuen Kombination erforscht. «Ausserdem werden diese Studien jeweils von den verschiedenen Behörden (Ethikkommission, Swissmedic) bezüglich der Sicherheitsaspekte überprüft und nicht nur an einem, sondern gleich an mehreren Zentren in verschiedenen Ländern durchgeführt», erklärt Nathan Cantoni. Der Vorteil für Patientinnen und Patienten: Die Zentren tauschen sich über ihre Erkenntnisse zu Wirkungsweise und Sicherheit der neuen Behandlung aus und können so sofort reagieren. «Letztlich waren die entscheidenden und positiven Entwicklungen in der Krebsbehandlung in den letzten Jahrzehnten nur dank dieser Studienaktivität möglich», ergänzt Cantoni.

Krebsfrei dank neuer Behandlungsmethode

«Ich sah die Studie als grosse Chance», erklärt Patientin Catherine P. Im Übrigen fand sie die Wirkungsweise der neuen Medikamente vielversprechend. «Normale Chemotherapien töten alle Zellen ab. Diese zielgerichteten Medikamente greifen aber gezielt die kranken Zellen an. Das scheint mir sinnvoller, da ich ja nicht auch noch meine gesunden Zellen verlieren möchte», erklärt sie. Dazu musste die Patientin allerdings während 34 Monaten täglich sieben Medikamente sowie zahlreiche Begleitpräparate zu sich nehmen und monatlich zur Kontrolle, wo sie dann auch gleich die Studienmedikamente für den nächsten Monat bekam.

«Ich hab alles recht gut vertragen. Nur die letzten drei, vier Monate war ich etwas müder als sonst, aber ich konnte während der Behandlung problemlos arbeiten und auch weiterhin Sport treiben», erklärt sie. Das erfreuliche Resultat: Schon nach wenigen Monaten waren die angeschwollenen Knötchen wieder weg. Nach knapp drei Jahren Behandlung ist Catherine P. nun krebsfrei. «Natürlich fragt man sich bei jeder Krebsbehandlung, was sie mit dem Körper macht. Ich habe mich aber stets gut aufgehoben gefühlt, konnte mich bei Fragen jederzeit direkt an meinen Arzt wenden und hatte ein Ärzteteam, auf das ich mich zu hundert Prozent verlassen konnte», erklärt die Patientin.

Wir tun alles gegen Krebs und für Betroffene

Krebs ist vielschichtig in Ursache, Verlauf und Therapie – und für Betroffene und Angehörige immer ein Schicksalsschlag. Diesem Umstand tragen wir im KSA zu jedem Zeitpunkt der Behandlung Rechnung. Im nach ISO-Normen und der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Onkologiezentrum Mittelland des KSA arbeiten Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachbereichen eng zusammen und bieten Medizin auf höchstem Niveau. Jede Behandlung wird ergänzt durch eine Vielzahl von Begleitangeboten, die den Betroffenen helfen, mit ihrer Erkrankung umzugehen.

Auf unserer Themenseite stehen unsere Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt. Sie erzählen ihre Krankheitsgeschichten, berichten über den Umgang mit der Erkrankung, Behandlungserfolge und die Rückkehr ins normale Leben; angereichert mit Wissenswertem und Spannendem rund um das Thema Krebs.

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