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Eine tückische Erkrankung

1. Dezember 2020

Sie kann sich auf der Höhe des Brustkorbs oder im Bauch befinden: die Erweiterung der Hauptschlagader, in der Fachsprache Aortenaneurysma genannt. Beschwerden verursacht das Aneurysma erst kurz vor dem Platzen. Deshalb bleibt es oft unbemerkt. Eine rechtzeitige Behandlung kann Leben retten. Die Voraussetzung dafür ist, dass das Aneurysma entdeckt wird.

  • Autor / Autorin Prof. Dr. med. Christoph Thalhammer
  • Lesedauer ca. 7 Minuten
  • Themen KSA Stories
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Der 64-jährige Herr R. war 2018 im Kantonsspital Aarau in Behandlung. Dabei wurde die zufällige Diagnose Erweiterung in der Bauchhauptschlagader bei einer Untersuchung mittels Computertomografie (CT) festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war das Aneurysma mit einem Durchmesser von 4,4 cm noch relativ klein.

Der Patient war zwar überrascht über den Befund, wusste jedoch bereits, dass er ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung eines Aortenaneurysmas hat: «Mein Vater ist an einem Aortenaneurysma gestorben und mein Bruder hat ebenfalls eine kleine Erweiterung in der Aorta. Deshalb wusste ich sofort, dass ich die Erkrankung ernst nehmen muss», erklärt Herr R.

Aneurysmariss vermeiden

Bei einer der weiteren Kontrollen stellte der zu behandelnde Arzt fest, dass das Aneurysma innerhalb eines Jahres um einen Zentimeter gewachsen war. Das schnelle Wachstum (mehr als fünf Millimeter in sechs Monaten) erhöht das Risiko, dass eine Erweiterung der Bauchhauptschlagader reissen kann. Dies kann zu akuter Lebensgefahr führen. Der zu behandelne Arzt empfahl dem Patienten die endovaskuläre Behandlung. Dabei führt der Chirurg mittels Katheter mit Kunststoff ausgekleidete Gefässstützen – sogenannte Stentgrafts – in die Arterien ein (siehe auch Herzkatheter). Der endovaskuläre Eingriff ist im Vergleich zu einer offenen Operation für den Patienten weniger belastend. Zudem erholen sich die Patientinnen und Patienten schneller und können in der Regel bereits nach wenigen Tagen wieder nach Hause gehen.

Dank der kompetenten Beratung und Behandlung am Kantonsspital Aarau sah Herr R. dem Eingriff gelassen entgegen. «Ich habe Vertrauen zu meinem behandelnden Gefässchirurgen. Er hat mir alles detailliert erklärt und aufgezeigt, welche Nachkontrollen nach dem Aneurysma-Eingriff empfohlen werden.» Deshalb fühlte sich Herr R. gut aufgehoben. Der Eingriff verlief problemlos.

Qualitätskontrolle nach jedem Eingriff

Bei der Nachkontrolle mittels CT-Angiografie zeigte sich eine Engstelle in einer der Beckenarterien. Noch am gleichen Tag wurde diese mithilfe eines Ballons erweitert, um einen frühzeitigen Verschluss und damit eine Minderdurchblutung zu vermeiden.

Auch der zweite Eingriff mit lokaler Betäubung verlief gut. Bereits am nächsten Tag konnte Herr R. das Spital wieder verlassen. In der Zwischenzeit hat sich auch sein anderer Bruder für eine Ultraschalluntersuchung angemeldet. Dieses Screening kann innert wenigen Minuten ein Bauchaortenaneurysma ausschliessen. Am Kantonsspital Aarau wird diese Untersuchung durch die Ärztinnen und Ärzte der Angiologie unter der Leitung von Prof. Christoph Thalhammer angeboten.

Text: Stefanie Probst

Rund um Aortenaneurysma

Was ist ein Aortenaneurysma?

Das Wort Aneurysma kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet «Aufweitung». Ein Aortenaneurysma ist eine örtlich begrenzte, sack- oder kugelartige Ausweitung der Hauptschlagader (Aorta). Besonders häufig ist das Bauchaortenaneurysma: Dieses liegt in 75% der Fälle vor. Grundsätzlich kann eine solche Erweiterung aber in allen Arterien des Körpers vorkommen.

Wer ist davon betroffen?

Männer erkranken etwa 4 Mal häufiger an einem Aortenaneurysma als Frauen. Am häufigsten sind Personen über 65 Jahren betroffen. In mehr als 50% der Fälle ist eine Gefässverkalkung die Ursache für ein Aortenaneurysma. Hoher Blutdruck, Rauchen, Diabetes, erhöhtes Cholesterin und eine genetische Veranlagung sind zusätzliche Risikofaktoren. Auch bakterielle Infektionen können an der Entstehung eines Aneurysmas in seltenen Fällen ursächlich beteiligt sein.

Wie kann ein Aortenaneurysma rechtzeitig erkannt werden?

Mittels Ultraschalluntersuchung kann der Arzt oder die Ärztin ein Aortenaneurysma feststellen. Risikopersonen sollten sich an ein interdisziplinäres Gefässzentrum wenden und sich untersuchen lassen. Eine Früherkennung mittels Ultraschall ist schmerzfrei, ungefährlich und jederzeit wiederholbar.

Welches sind mögliche Symptome?

Ein Aortenaneurysma entwickelt sich meist langsam und verursacht lange Zeit keine Beschwerden. Allenfalls kann es auf umliegende Strukturen drücken oder die Durchblutung anderer Organe beeinträchtigen.

Welche Komplikationen gibt es?

Reisst ein Aortenaneurysma, führt dies zu einem sehr starken, schneidenden Schmerz in der Brust, im Rücken oder Bauch. Dann besteht akute Lebensgefahr durch inneres Verbluten. Nur eine sofortige, notfallmässige Behandlung kann den Patienten oder die Patientin retten.

Text: Stefanie Probst

Autor / Autorin