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Mit meiner Arbeit leiste ich jeden Tag einen Beitrag zur Verbesserung von Krebstherapien

9. Februar 2023

Anna Naef arbeitet seit rund einem Jahr als Studienkoordinatorin auf der Abteilung Onkologie, Hämatologie und Transfusionsmedizin des Kantonsspitals Aarau. Welche Herausforderungen ihr im Arbeitsalltag begegnen und was ihre bisherigen Highlights sind, verrät sie im Interview.

  • Autor / Autorin KSA
  • Lesedauer ca. 5 Minuten
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Anna Naef, was sind die zentralen Aufgaben als Studienkoordinatorin auf der Abteilung für Onkologie, Hämatologie und Transfusionsmedizin?

Da gilt es grundsätzlich zu unterscheiden zwischen bereits laufenden und neuen Studien. Bei neuen Studien klopfen die Pharmafirmen häufig erst bei den Ärztinnen und Ärzten an und klären diese über die geplante Studie auf. Wird intern im KSA entschieden, dass die Studie unterstützt werden soll, kommen wir Studienkoordinatorinnen ins Boot. Wir unterstützen bei Vertrags- und Budgetverhandlungen und machen Durchführbarkeitsabklärungen. Weiter unterstützen wir die Rekrutierung und den Einschluss von Studienpatientinnen und -patienten.

Sind bereits Patientinnen und Patienten in einer Studie eingeschlossen, sind wir Studienkoordinatorinnen der Dreh- und Angelpunkt zwischen Ärzteschaft und Auftraggeber der Studie. Wir stellen sicher, dass die richtigen Studienhandlungen zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt werden. Das können zum Beispiel bildgebende Verfahren oder regelmässige Blutentnahmen sein. Bei Studien mit medikamentösen Therapien stellen wir in Zusammenarbeit mit der Spitalpharmazie die Lieferung, Lagerung und Vorbereitung der Studienmedikation sicher. Ausserdem sind wir zuständig dafür, dass lückenlos dokumentiert wird.

Mit wem arbeiten Sie eng zusammen?

In erster Linie mit meinen Kolleginnen; wir sind insgesamt vier Studienkoordinatorinnen auf der Abteilung. Obschon wir die laufenden Studien untereinander aufgeteilt haben, kommt es immer wieder vor, dass wir auftauchende Schwierigkeiten gemeinsam besprechen und nach Lösungen suchen. Intern im KSA bin ich in Kontakt mit vielen unterschiedlichen Bereichen – wie bereits erwähnt beispielsweise mit der Spitalpharmazie oder der Radiologie. Wir haben aber auch viele weitere Schnittstellen, z. B. mit dem Labor, der Pathologie, aber auch der Abteilung Legal & Compliance oder der Buchhaltung. Extern bin ich in engem Austausch mit den verschiedenen Pharmafirmen oder der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK), welche die Studien durchführen und schlussendlich auch finanzieren.

Wie viele Studien betreuen Sie aktuell?

Im Moment bin ich für zehn Studien hauptverantwortlich. Die Anzahl Studien ist jedoch wenig aussagekräftig. Es gibt Studien, bei denen lediglich eine KSA Patientin eingeschlossen ist, bei anderen machen über 60 Patientinnen und Patienten mit. Gewisse Studien erfordern pro Patient zehn Minuten Aufwand, bei anderen können es bis zu drei Stunden sein. Ebenso unterschiedlich sind auch die Laufzeiten der Studien. Onkologische Studien dauern häufig sehr lange. Sie werden in der Regel erst abgeschlossen, wenn Aussagen über die Überlebenswahrscheinlichkeit gemacht werden können.

Zur Person

Anna Naef hat den Master of Science in Bewegungswissenschaften und Sport (Vertiefung Biomechanik) an der ETH Zürich absolviert. Nach dem Studium war sie als Managerin Medical and Regulatory Affairs bei Novartis tätig und begleitete dort Zulassungsverfahren von Arzneimitteln. Anschliessend wechselte sie in die Medizintechnik und leitete ein Team. Nach einer Zusatzausbildung im Clinical Trial Management (klinisches Studienmanagement) kam sie für ein Praktikum und eine daran anschliessende Anstellung ans KSA. Anna Naef wohnt mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in Aarau.

Was motiviert Sie täglich bei Ihrer Arbeit?

Eine grosse Motivation ist für mich der Patientennutzen, also dass ich in meiner Arbeit jeden Tag einen Beitrag dazu leisten kann, Krebstherapien langfristig zu verbessern. Meine Arbeit ist sehr sinnstiftend und abwechslungsreich und ich schätze die enge Zusammenarbeit mit verschiedensten Bereichen im Spital. Jeder Tag ist anders. Wir Studienkoordinatorinnen arbeiten ausserdem sehr selbständig, eigenverantwortlich und mit einem hohen Qualitätsanspruch. Gerade letzterer ist essenziell in der Forschung.

Was sind Hauptschwierigkeiten, die Ihnen begegnen?

Die Dokumentation im Klinikinformationssystem ist eine alltägliche Herausforderung. Dazu kommen unvorhersehbare Ereignisse oder Umstände, die wichtige Arbeitsschritte verunmöglichen. Zum Beispiel, wenn wir plötzlich feststellen, dass ein Medikament fehlt, das einem Patienten am nächsten Tag verabreicht werden müsste. Oder wenn wir Blutproben verschicken müssen, das dafür notwendige Trockeneis aber noch nicht geliefert wurde. Da sind wir Studienkoordinatorinnen jeweils gefordert, schnelle Lösungen zu finden.

Was ist die spannendste Studie, an der Sie aktuell arbeiten?

Aktuell bin ich gerade in der Vorbereitung einer neuen, experimentellen Studie. Es handelt sich um eine Studie zur Behandlung des follikulären Lymphoms – einer seltenen Form von Krebs. Untersucht wird ein Wirkstoff, der noch nicht zugelassen ist, und zwar in zwei unterschiedlichen Dosierungen. Die Studie ist sehr komplex, erfolgt randomisiert – das heisst, die Zuordnung der Teilnehmenden erfolgt zufällig – und hat drei unterschiedliche Empfängergruppen. Die erste Gruppe erhält die Standardbehandlung. Die zweite erhält zusätzlich eine Dosierung mit der neuen Substanz. Und die dritte Gruppe erhält zusätzlich zur Standardbehandlung eine erhöhte Dosierung der neuen Substanz. Die damit verbundenen, parallel laufenden Prozesse sind für mich als Studienkoordinatorin sehr spannend.

Wie offen sind Patientinnen und Patienten grundsätzlich gegenüber einer Studienteilnahme?

Das kommt sehr auf die Art der Studie an. Bei Beobachtungsstudien, wo fast kein Zusatzaufwand für Patientinnen entsteht und sie lediglich ein paar Fragebögen ausfüllen müssen, machen in der Regel alle mit. In vielen Fällen erhalten Patienten nur im Rahmen von Studien die Möglichkeit für eine neuartige medikamentöse Therapie. Wenn die zuständige ärztliche Fachperson aus früheren Daten weiss, dass eine solche Therapie hoffnungsvoll ist, ist es natürlich im Interesse der Betroffenen, dieses Medikament zu erhalten. Bei gewissen Studien kann der Aufwand für Patientinnen und Patienten recht gross sein, wenn sie zum Beispiel häufiger zur Visite oder Bildgebung kommen müssen. Es ist also immer ein Abwägen zwischen Aufwand und Nutzen. Die Beziehung zum Arzt spielt ausserdem eine grosse Rolle. Ist das Verhältnis zwischen Patient und Ärztin sehr gut und empfiehlt letztere die Studienteilnahme, nimmt der Patient auch eher an einer Studie teil.

Onkologische Forschung am KSA

In den letzten Jahren konnten in der Krebsbehandlung grosse Fortschritte erzielt werden. Durch neue Erkenntnisse versteht man nicht nur die Biologie der Tumoren besser, auch die Medikamente können immer zielgerichteter eingesetzt werden, um bestimmte Krebsarten effizient zu bekämpfen. Patientinnen und Patienten am KSA haben die Möglichkeit, während ihrer Krebsbehandlung an klinischen Studien teilzunehmen. In diesen Studien werden neue Medikamente oder Medikamentenkombinationen, aber auch verschiedene Dosierungen auf ihre Wirkung überprüft. Als Auftraggeber für die Studien im KSA fungieren einerseits Pharmafirmen und andererseits die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK).

Onkologie, Hämatologie und Transfusionsmedizin

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