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Nach Schlaganfall zurück ins Handballtor

3. Mai 2024

Vor drei Jahren erlitt Handball-Torwart Dragan Marjanac im Training einen Schlaganfall. Mit unerschütterlichem Kampfgeist und Entschlossenheit gelang es ihm, fast ein Jahr später wieder ins Tor zurückzukehren.

  • Autor / Autorin KSA
  • Lesedauer ca. 5 Minuten
  • Themen Hirn / Nervensystem
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Dragan Marjanac zuckt mit den Schultern, als er sagt: «Ich muss mich in Geduld üben.» Eigentlich würde der Handball-Goalie seinem Club, dem HSC Suhr Aarau, gerne helfen. Doch das ist derzeit nicht möglich. Wegen der linken Schulter. Zwar kann er mit ihr zucken, doch für einen Einsatz im Tor wäre es zu früh. Im Dezember wurde er operiert; ein Band war angerissen. Nun ist er auf dem Weg zurück. Dieser ist beschwerlich, körperlich, aber auch mental. «Und trotzdem ist es kein Vergleich zu dem, was ich vor drei Jahren erlebte», sagt er. Damals erlitt Dragan Marjanac einen Schlaganfall, der alles in Frage stellte. «Niemand konnte sagen, ob ich jemals wieder im Tor stehen würde.» Der 39-jährige Serbe, der 2011 zum BSV Bern in die Schweiz kam und vor sechs Jahren zum HSC Suhr Aarau wechselte, erinnert sich noch genau an den Schicksalstag, an dem sein Sportlerleben auf eine harte Probe gestellt wurde. «Es ist noch alles sehr präsent.» An jenem 25. Mai 2021 hütet er wie immer im Training das Tor. «Ein Teamkollege feuerte einen Schuss ab; bei der Abwehrbewegung mit dem linken Arm spürte ich so etwas wie einen heftigen elektrischen Schlag.» Zuerst bringt er die Reaktion mit den Ellbogen-Problemen in Verbindung, die er einmal hatte. Dann wird ihm schwindelig. Nun denkt er an eine Unterzuckerung, was auch schon vorgekommen ist, und isst einen Schokoriegel. 

Niemand konnte sagen, ob ich jemals wieder im Tor stehen würde.

Mit Verdacht auf Schlaganfall ins Spital

Doch sein Zustand verbessert sich nicht. Im Gegenteil. Er muss sich übergeben und in seiner linken Körperhälfte hat er zunehmend Gefühlsstörungen. Seine Teamkollegen merken schnell, dass etwas nicht stimmt. Flügelstürmer Nikos Sarlos schildert seinem Vater, PD Dr. med. Dimitri Sarlos, am Telefon die Symptome. Sarlos, Leiter der Frauenklinik und Chefarzt Gynäkologie am Kantonsspital Aarau, erkennt aufgrund der beschriebenen Symptome sofort, dass es sich um ein ernsthaftes medizinisches Problem handelt. Er vermutet einen Schlaganfall.

Dragan Marjanac müsse umgehend ins Spital. Jetzt tickt die Uhr: Jede Minute zählt! Ein Teamkollege fährt ihn ins KSA. Dort ist er am richtigen Ort. Das Stroke Center im Kantonsspital Aarau ist eines von zehn Schlaganfallzentren in der Schweiz, die komplexe Schlaganfallbehandlungen durchführen dürfen und können. Der Torhüter zeigt deutliche Koordinationsstörungen, spricht unklar, sein linkes Augenlid hängt herunter. Die Abklärungen bestätigen einen Schlaganfall, hervorgerufen durch ein sogenannt offenes Foramen. Dabei handelt es sich um ein kleines Loch zwischen den beiden Vorhöfen des Herzens. Bei drei Viertel der Bevölkerung schliesst sich diese Lücke, bei 25 Prozent aber bleibt sie bestehen, was das Risiko eines Schlaganfalles erhöht.

Steiniger Weg zurück ins normale Leben 

Bei Dragan Marjanac war dies der Fall. Zu Beginn ist er sich der Konsequenzen noch nicht bewusst. «Ich muss morgen zum Spiel», sagt er dem Pfleger am ersten Abend. Dieser schüttelt den Kopf: «Ich glaube, dafür ist es noch zu früh.» Viel zu früh. Denn zuerst muss sich der Handballprofi einer Operation unterziehen. Bei dieser ist er wach, am Monitor sieht er, wie die betroffene Stelle verklebt wird. Das gelingt problemlos. Vor drei Jahren erlitt Handball-Torwart Dragan Marjanac im Training einen Schlaganfall. Mit unerschütterlichem Kampfgeist und Entschlossenheit gelang es ihm, fast ein Jahr später wieder ins Tor zurückzukehren. Der Weg zurück ins normale Leben hingegen ist mühevoll. Das Gleichgewichtszentrum ist vom Schlaganfall betroffen, er muss zuerst wieder laufen lernen. Die Ärztinnen und Ärzte wollen sich auf keine Prognose einlassen, wie lange die Rehabilitation dauert. Seine Frau und sein zehnjähriger Sohn stehen unter Schock. Doch er macht ihnen und sich selber Mut: «Als Spitzensportler bin ich Herausforderungen gewohnt. Ich werde mich ins Zeug legen, um wieder der Alte zu sein.»

Und tatsächlich: Nach der Behandlung im KSA wechselt er in die Rehaklinik nach Bellikon sowie später in die Schulthess-Klinik und hat jeden Tag volles Programm. Er schuftet, er kämpft. Der Club verspricht, ihm die Zeit zu geben, die er braucht. «Das war sehr wichtig für mich», erinnert er sich. Die Rehabilitation gelingt, nach ein paar Monaten darf er nach Hause und wieder mit dem Handballtraining beginnen. Dann, 318 Tage nach dem Schlaganfall, ist es soweit: Gegen den HC Kriens-Luzern gibt er sein Comeback. Er zeigt ein paar Paraden und wird – auch wegen seiner Geschichte – zum «Man of the Match» gekürt. Danach beweist er im Tor wieder regelmässig sein Können. Bis ihn die Schulter stoppt, weshalb er sich nun erneut in Geduld üben muss. Glücklich ist er trotzdem: «Ich geniesse heute jeden Tag.»

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