Wenn die Lunge vernarbt
12. Mai 2025
Ein anhaltender trockener Husten und zunehmende Kurzatmigkeit: Sind das Grippe-Nachwehen oder doch eine ernsthafte Erkrankung wie eine Lungenfibrose? Eine solche kann viele Ursachen haben und kommt meist schleichend. Sich frühzeitig abklären zu lassen, lohnt sich.
- Autor / Autorin Dr. med. Julia Kappes
- Lesedauer ca. 4 Minuten
Nach einem Infekt kann ein Husten gut vier bis sechs Wochen anhalten. Wenn er länger als zwei Monate dauert, trocken ist und Kurzatmigkeit dazukommt, sollten sich Betroffene untersuchen lassen. «Viele Patientinnen und Patienten denken, Kurzatmigkeit sei eine Alterserscheinung», sagt Dr. med. Julia Kappes, Oberärztin Pneumologie und Schlafmedizin am KSA.
So war es auch bei Manfred Steiner*. Ab Mitte 50 stellte er fest, dass er nicht mehr so leistungsfähig war und schneller aus der Puste kam. Bis auf sein Übergewicht und seinen Bluthochdruck war er körperlich fit und kräftig. Wegen der Kurzatmigkeit suchte er zuerst seinen Hausarzt auf, seit 2018 ist er am KSA in Behandlung. Die Diagnose: progressive pulmonale Fibrose, ausgelöst durch eine immunologische Reaktion. Es handelt sich bei den Lungenfibrosen oft um langsam voranschreitende Erkrankungen.
Wie die Lunge ihre Elastizität verliert
Viele Betroffene gewöhnen sich an die Kurzatmigkeit und lassen sich erst abklären, wenn sie im Alltag eingeschränkt sind. Bei einer Lungenfibrose vernarbt das Lungengewebe zunehmend, die Lunge verliert ihre Elastizität, wird steifer und das Gewebe, das Sauerstoff aufnimmt, wird weniger. Das erschwert die Sauerstoffaufnahme. Manfred Steiner hat als junger Erwachsener ein Lebensrettungsbrevet gemacht, dazu musste er 25 Meter tief tauchen. «Danach ist man fix und fertig. Heute fühle ich mich so, wenn ich drei Stockwerke zu Fuss bewältige», erzählt er.
Nebst Kurzatmigkeit zeigt sich eine Lungenfibrose durch chronischen trockenen Husten. Oft fühlen sich Betroffene müde und abgeschlagen oder verlieren durch die vermehrte Atemarbeit an Gewicht. «Die Lunge knistert beim Abhören, wie wenn man Zellophanpapier neben dem Ohr reibt», so Julia Kappes. Wichtig sei es, der Ursache auf den Grund zu gehen.

Diagnose am KSA: viele Spezialistinnen und Spezialisten – ein Ziel
«Die Anamnese ist wichtig, damit wir uns ein Bild machen können und wissen, wo wir genauer hinschauen müssen», sagt Julia Kappes. Die Untersuchungen können weitgehend ambulant durchgeführt werden. Dazu zählen Lungenfunktionstests wie die Bodyplethysmographie und Diffusionsmessung sowie Belastungstests, um Hinweise auf Vernarbungen und Atemeinschränkungen zu finden, anschliessend eine CT, wenn der Verdacht auf eine Vernarbung besteht. Zudem können je nach Verdacht Blutuntersuchungen und eine Lungenspiegelung (Bronchoskopie) folgen. In seltenen Fällen ist eine chirurgische Biopsie nötig. Dabei wird den Patientinnen und Patienten ein kleines Stückchen Lunge für weitere Untersuchungen entfernt. Manfred Steiner geht regelmässig zum Lungenfunktionstest, er sagt: «Ich fühle mich am KSA gut aufgehoben; das Team ist immer professionell und kompetent.»
Die Ergebnisse aus den Untersuchungen besprechen Spezialistinnen und Spezialisten aus Pneumologie, Radiologie, Pathologie, Thoraxchirurgie und Rheumatologie am interdisziplinären Board. Ziel ist es, aus den einzelnen Puzzleteilen eine Diagnose und eine Therapieempfehlung für die Patientinnen und Patienten abzuleiten.
Mögliche Ursachen einer Lungenfibrose
- Rauchen; gilt auch für langjährige Ex-Raucher/innen
- Kontakt mit Steinstäuben; durch Sandstrahlen, Arbeiten im Bergbau oder als Steinmetz
- Rheuma-erkrankungen
- Kontakt zu Vögeln oder Federn (z. B. über Bettwäsche)
- Schimmel-belastung, etwa in Wänden, Topfpflanzen oder durch Kompostarbeiten
- Bestimmte Medikamente oder Chemotherapeutika
- Genetische Veranlagung
- Virusinfektionen wie COVID
Fortschreiten verlangsamen, Lebensqualität erhalten
«Eine Heilung gibt es nicht, aber wir können die Vernarbung medikamentös verlangsamen und die Lebensqualität z. B. mit Sauerstoff und Physiotherapie verbessern», sagt Julia Kappes. «Durch gezielte und individuell angepasste Therapien ist die Prognose für Betroffene deutlich besser als früher. Dennoch ist auch wichtig: Je früher wir die Erkrankung erkennen und behandeln, desto besser können wir die körperliche Belastbarkeit und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten erhalten.»
Manfred Steiner wird seit 2023 über eine Nasenbrille mit Sauerstoff versorgt. Trotz eingeschränkter Mobilität geht der 64-Jährige seinem Beruf nach.
Luft – Lunge – Leben
«Ohne Luft kein Leben» – eine einfache Wahrheit, der wir uns nur selten bewusst sind. Jeder Atemzug versorgt den Körper mit Sauerstoff, der die Zellen am Leben erhält. Atmen geschieht meist unbemerkt. Erst wenn unsere Lungen nicht mehr einwandfrei funktionieren, spüren wir, wie wichtig sie für unsere Gesundheit sind.
Am KSA engagieren sich Spezialistinnen und Spezialisten aus der Pneumologie, Thoraxchirurgie und Schlafmedizin für die bestmögliche Versorgung von Patientinnen und Patienten – mit modernster Diagnostik, langjähriger Erfahrung und interdisziplinärer Zusammenarbeit.
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