Fruchtbarkeit ist nicht nur Frauensache
6. Oktober 2023Bei einem unerfüllten Kinderwunsch von Paaren liegt die Ursache in einem Fünftel der Fälle beim Mann. Welche Gründe dafür in Frage kommen und wie man diese behandelt, lesen Sie im Interview.
- Autor / Autorin Dr. med. Zahraa Kollmann
- Lesedauer ca. 6 Minuten
- Themen Schwangerschaft und Geburt
Frau Kollmann, welche Ursachen gibt es für die Unfruchtbarkeit resp. Zeugungsunfähigkeit des Mannes?
Zahraa Kollmann: Die häufigste Ursache von Unfruchtbarkeit bei Männern ist verminderte Produktion und Qualität der Spermien. Bei manchen Männern enthält das Ejakulat nicht ausreichend funktionstüchtige Spermien im Hinblick auf Konzentration, Form und Beweglichkeit, um eine Eizelle zu befruchten. Ursachen für eine verminderte Spermienproduktion können unter anderem ein vorheriger Hodenhochstand, eine Varikozele (krampfadernähnliche Erweiterungen der Hodenvenen im Samenstrang) oder eine Hodenverletzung durch einen Unfall sein. Sehr selten können auch gewisse chronische Erkrankungen wie Eisenspeichererkrankungen, Leberzirrhose, chronisches Nierenversagen oder schwerer Diabetes mellitus zu einer Unfruchtbarkeit führen. Nicht weniger selten wie diese sind immunologische Erkrankungen, bei denen der Körper Antikörper gegen die Spermien produziert – eine Art Abwehrreaktion gegen die eigenen Spermien. Diese tritt häufig nach Verletzungen oder Entzündungen auf.
Des weiteren können genetische Ursachen für Unfruchtbarkeit verantwortlich sein. Ein Beispiel hierfür ist das sogenannte Klinefelter-Syndrom, bei dem Männer ein zusätzliches weibliches X-Chromosom besitzen, was zu einer Reduktion der Spermienzahl führen kann. Eine weitere genetisch bedingte Erkrankung ist die Mukoviszidose, die bei Männern zu einer verringerten Spermienproduktion oder gar zu einer Azoospermie (keine Spermien im Ejakulat) führen kann, abhängig vom Schweregrad der Erkrankung.
Man hat festgestellt, dass bei Männern die Spermienqualität und damit auch die Zeugungsfähigkeit generell abnimmt. Woran liegt das?
Zahraa Kollmann: Es gibt verschiedene Faktoren, welche die Fruchtbarkeit beeinflussen, wie Gewichtszunahme und ein ungesunder Lebensstil. Dazu gehört auch regelmässiger Nikotinkonsum. Wir stellen zunehmend fest, dass diese ursächlich zu einer Verringerung der Zeugungsfähigkeit beitragen können. Darüber hinaus hat auch das Alter des Mannes einen Einfluss auf die Qualität der Spermien.
Wie wird die Unfruchtbarkeit bei Männern medizinisch abgeklärt?
Zahraa Kollmann: Zur Abklärung der männlichen Fruchtbarkeit führen wir einen Hormonstatus und ein sogenanntes Spermiogramm durch. Dabei wird das Ejakulat im Labor unter anderem auf Menge, Konzentration, Beweglichkeit und Form der Spermien untersucht.
Alberto Bovo: Wir empfehlen ausserdem eine körperliche Untersuchung durch eine Urologin oder einen Urologen. Dabei werden die Hoden abgetastet, und eine Ultraschalluntersuchung wird durchgeführt, um allfällige Veränderungen in den Hoden, Nebenhoden oder im Samenleiter aufzudecken. Ergänzend kann auch eine Blutanalyse zur Überprüfung der Hormone gemacht werden.
Herr Bovo, welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es, wenn das Ejakulat keine Spermien enthält, also eine sogenannte Azoospermie vorliegt?
Alberto Bovo: Die Behandlung der Azoospermie ist abhängig von deren Ursache. Liegt eine hormonelle Fehlfunktion vor, kann eine Therapie mit Hormonen, welche die Keimdrüsen stimulieren, in Betracht gezogen werden. Wenn jedoch eine Blockade oder ein Verschluss der Samenleiter der Grund für das Fehlen der Spermien ist, kann eine chirurgische Behandlung erwogen werden. Abhängig davon, wo die Blockade liegt, stehen verschiedene operative Verfahren zur Verfügung, um den Samenleiter oder die Nebenhoden wieder funktionsfähig zu machen. Eine weitere Möglichkeit ist die Hodenbiopsie: Dabei wird eine Operation durchgeführt, bei der kleine Gewebestücke aus dem Hoden entnommen und auf das Vorhandensein von lebenden Spermien untersucht werden. Die Gewebestücke werden eingefroren, um sie später für die sogenannte künstliche Befruchtung, das heisst, die Befruchtung einer Eizelle im Reagenzglas, zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nutzen zu können. Trotz dieser Möglichkeiten können nicht alle Fälle von Azoospermie erfolgreich behandelt werden.
Kann eine Vasektomie, also eine Sterilisation beim Mann, wieder rückgängig gemacht werden?
Alberto Bovo: Ja, eine Vasektomie kann in einigen Fällen rückgängig gemacht werden. Dieser Vorgang wird als Vasovasostomie bezeichnet. Bei einer Vasektomie werden die Samenleiter durchtrennt oder verschlossen, um den Transport der Spermien zu stoppen. Bei einer Vasovasostomie werden die durchtrennten oder verschlossenen Enden der Samenleiter wieder miteinander verbunden, um den Spermientransport wiederherzustellen. Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass die Zeitspanne zwischen der Vasektomie und der Vasovasostomie die Qualität der Spermien beeinträchtigen kann.
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